Was bedeutet überhaupt "Coaching"? Lassen Sie mich ein paar Zeilen zu dem Thema nachdenken:

In diesem neudeutschen Begriff lassen sich verschiedene Bedeutungen interpretieren: im schlimmsten Fall bedeutet "Coaching" eine Art von Training, eine Konditionierung. Wie beim klassischen Springreiten werden die "Gecoachten" dazu gebracht, immer höher und ohne Rücksicht auf Verluste über die bereitgelegten Stöckchen zu springen. Adaption ans System, Anpassung auf Biegen und Brechen, die Kunst der vollkommenen Verschmelzung. Aber zu welchem Preis?

Verbiegen bedeutet Bewegung gegen die natürliche Form, bis hin zur Deformation. Die Deformation beginnt erst seelisch, wird zu einem dauerhaften Wegbiegen vom eigenen Selbst, mit all den Folgen, wie Unzufriedenheit, Selbstzweifel, "nicht mehr sich selbst sein können". Wohin mit diesem seelischen Druck? Er wird vom Geist in den Körper abgeleitet, an die typischen Ausgangspunkte des mentalen "Blitzableiters": Magenprobleme, Hautprobleme, Muskelverspannungen mit Gelenkproblemen oder Kopfschmerzen, genereller körperlicher Abbau. Zur seelischen Unzufriedenheit kommen körperliche Beeinträchtigungen. Der Kreislauf beginnt von Neuem, führt in eine Spirale bis zum vollständigen Zusammenbruch oder zur vollständigen Unterwerfung. Das Ende? Versagen ist eine Schande, wer fällt, wird liegengelassen. Die Karawane trottet weiter über die knirschenden Knochen der Opfer, an die Stelle des Gefallenen tritt gleich ein anderer, das selbe Schicksal erwartend.

So erscheint es vielen in ihrem modernen Alltag.

Ist das nicht oft der Zustand in unserer derzeitigen, schnelllebigen, auf Geld, Ansehen und Erfolg ausgerichteten Gesellschaft? Die Doppelrolle zwischen Beruf und Familie? Wer verspürt nicht immer öfter den Druck zur Anpassung um jeden Preis, das Mitschwimmen für den Erfolg, die Selbstaufgabe für die Akzeptanz in einer oft auch noch zusätzlich digital anonymisierten Masse? Doch das Verbiegen beginnt im Kopf und endet im ganzen Körper. Von den Unsicherheiten unserer modernen Welt jeglichen Halts beraubt, treibt die Seele und der Körper ziellos umher. Die Bedürfnisse in einer technokratischen Medizin ignoriert, chemisch auf die Belastungen adaptiert, in einer anonymen Gesellschaft ohne Hoffnung auf moralische, materielle oder freundschaftliche Kontinuität. Wurzellos, gefühllos, sinnlos?

Das kann es nicht sein!

Beratung bedeutet meiner Meinung nach Beistand. Beistand, sich aussprechen zu können. Gehört zu werden. Sich selbst wieder definieren und finden zu können, ohne daß es vor Freunden, Bekannten oder gar in digitalen Gruppen breitgetreten wird. Alle körperlichen und seelischen Probleme sammeln und aufarbeiten zu können. Werkzeuge nutzen zu können, um gegen den täglichen Wahnsinn angehen zu können. Lösungswege aufgezeigt zu bekommen, um  aus dem Kreislauf des orientierungslosen Umherirrens wieder zu sich selbst, zur eigenen Mitte finden zu können. Sich eigene Wegpunkte setzen zu können, um nicht in die Irre zu gehen. Wieder auf sein Innerstes und seinen Körper zu hören, auf sich selbst zu achten, eigene Stärke zu finden und sich selbst zum eigenen Ruhepol zu machen. Sich wieder in seinem Körper wohlfühlen zu können. Wieder ein Ziel zu finden und in seinem täglichen Tun und Handeln wieder den Sinn zu ergründen und zu wissen, wofür es sich zu leben lohnt. Aber auch: sich selbst und seine Schwächen sehen und akzeptieren zu können, um in sich selbst zu ruhen statt dem nächsten "Hype" hinterherzulaufen. Zum Schluß: Wohlbefinden, Zufriedenheit, Entspannung, Ausgeglichenheit und Ruhe. Wie der alte Römer Juvenal sagte: mens sana in corpore sano.

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper -  das soll unser Ziel sein!